Es muß nicht immer das Riesen-Workout sein. Es geht auch zwischendurch mal ganz einfach.
Hier kommen ein paar Ideen, die Spaß machen und wirklich ganz einfach umzusetzen sind.
Man muß immer auch die ganze Hüft-, Becken- und Beinmuskulatur trainieren, um optimal an den Beckenboden ranzukommen.
Das ganze "Fahrstuhlfahren an jeder Ampel" macht man so nämlich überhaupt nicht!
Das wird nur ganz gezielt über kurze Zeitspannen trainiert. Sonst wird's zu viel. Der Beckenboden ist ja kein Bizeps.
Auch das inzwischen so beliebte Training mit Vaginalkonen ist nicht wirklich sinnvoll, weil der Beckenboden keine maximalen Anspannungen über längere Zeiträume halten braucht/soll.
Er muß das nicht können. Das ist kein funktionelles Training.
Um den ganzen Tag über (nachts natürlich auch) gut zu funktionieren, braucht der Beckenboden KEINE maximale Anspannung.
Er hat eine Grundspannung von ca. 30% der Maximalkraft von Natur aus und hält, wenn er optimal funktioniert, den Harn und den Stuhl auch so drinnen. Also muß man das so auch nicht trainieren mit mehr Kraftaufwendung. Es bringt wirklich nichts. Ganz im Gegenteil.
Das kann dazu führen, dass er komplett aufgibt und noch schwächer wird, wegen der Überforderung. Und es kann auch zu einem hyperaktiven Beckenboden mit ganz anderen Problemen führen.
Ein Zuviel an Training äußerst sich oft genauso wie ein Zuwenig.
Häufiger Harndrang ist solch ein Symptom. Oder sogar Harnverlust und das Gefühl eine Blasenentzündung zu haben. Das ist manchmal nicht anders als bei Muskelkater auch. Und auf Dauer halt nicht gesund.
Auch bzw. gerade der Beckenboden braucht unbedingt Trainingspausen von 48 Stunden.
Das heißt noch mal zum klaren Verständnis: Maximale Anspannungen nur alle 2 Tage trainieren, mit 30% der Maximalkraft an den anderen Tagen üben ist in Ordnung. Siehe Bild unten.
Die Beine kann man ja in den Pausen dann gut fordern. Die vertragen das. Das ist eine ganz andere Art an Muskulatur. Und die Beine unterstützen den Beckenboden. Vor allem die Becken- und nahen Hüftmuskeln, die Pomuskeln und die Innenseite der Beine.
Kurz und gut:
Mo-Mi-Fr: Maximale Anspannungen üben, 3x 10 Stück. Mehr nicht.
Di-Do-Sa: Beine trainieren (oder was anderes machen) und nur mit 30% den Beckenboden anspannen.
Sonntag: Pause :)
Vaginalkonen kann man mal ausprobieren, um zu kucken, ob man das halten kann. Man kann damit auch mal die Treppe hoch und runter rennen, aber zu mehr taugen die nicht. Das ist eher wieder so eine unnötige Modeerscheinung, die nix mit dem wirklichen Training zu tun hat.
Das dauerhafte "Festhalten" dieser Konen ist null funktionell. Der Beckenboden macht das im normalen Leben so nie.
Und vor allem, wer eh schon Probleme hat, braucht sich da sicher kein Gewicht einführen.... das hilft nicht, wenn man nicht mal eine gescheite Spannung ohne die Dinger hinbekommt. Logisch, oder? :)
Wie soll man ein Gewicht halten, wenn man es nicht mal ohne Gewicht halten kann?
Manchmal fallen die auch raus. Ist aber auch nicht ganz so tragisch. Es gibt Frauen, die können nach einer Geburt keine Mini Tampons mehr benutzen bzw. halten. Manch andere können volle Tampons nicht mehr halten (das wird aber meistens mit der Zeit deutlich besser, also keine Panik).
Manchmal ist das einfach der Lauf der Dinge, weil das Gewebe in der Scheide weiter geworden ist. Wenn keine anderen Probleme oder Symptome, wie Inkontinenzen oder Senkungen, dabei sind, ist das auch nicht wirklich schlimm.
Und ganz manchmal liegt ein Problem einfach an der Hormonlage. Vieles regelt sich erst nach dem Abstillen. Und das kann dann auch noch mal bis zu sechs Monaten dauern.
Nicht nur der Bauch und/oder eine eventuelle Rektusdiastase festigen sich nach dem Abstillen. Auch das Scheidengewebe.
Man braucht überhaupt kein Geld auszugeben, um sich seinem Beckenboden zuzuwenden.
Man kann sich auch einfach mal in den Hausgang verziehen und ein paar mal hoch und runter in den 5. Stock marschieren.
Geht auch an einer Treppe draußen mit Buggy.
Wer schwerwiegende Probleme mit Inkontinenz hat, der muß unbedingt zu einer Spezial -Physiotherapeutin und zum Urologen bzw. Urogynäkologen. Das muß abgeklärt werden.
Allein rumdoktern bringt einen da meistens nicht wirklich weiter.
Dazu gibt's auch mehr im Artikel über Gebärmuttersenkung.
Mit allem Training muß auf jeden Fall zu allererst mal gewartet werden, bis die normale Heilung nach der Geburt abgeschlossen ist.
Den Beckenboden gleich nach der Geburt vehement trainieren zu wollen, macht keinen Sinn, weil die Muskulatur noch viel zu gedehnt und verletzt ist. Da kann sich keine Muskulatur aufbauen. Das nennt man Reflektorische Hemmung.
In ganz schwerwiegenden Fällen, in denen vielleicht ein Nerv gerissen ist und das Wasser einfach so davon läuft, muß man so und so erst mal die Heilung abwarten. Da bringt Beckenbodentraining so früh nichts. Früh im Sinne von "noch im Krankenhaus". Das braucht auf jeden Fall Physiotherapie bei einer Spezialistin. Diese Fälle sind aber selten, keine Angst.
Generell kann man sechs Wochen abwarten und ganz vorsichtig vorgehen. Über die Beine Spannung aufzubauen ist da sehr schonend und bringt auch sonst für den Rest des Körpers eine gute Grundspannung. Das kann man machen ab dann, wenn man sich fit genug fühlt. Aber bitte vorsichtig und die Grenzen des Körpers beachten! Und bitte ohne Baby im Beutel. Zusätzliches Gewicht belastet den Beckenboden nach der Geburt. Und natürlich den Bauch. Man muß nicht mit Baby vorne dran einen Berg hoch wandern oder im Hausgang turnen ;) dazu gibt es Partner oder Buggies.
Sich beim Sport mal auf den eigenen Körper konzentrieren und den auch unter Kontrolle bringen.
Das funktioniert mit Baby als Gewicht nicht gut. Aber das nur am Rande. Ich kann es nicht oft genug sagen. Man muß nicht 18 Stunden am Tag das Baby tragen. Das überfordert die Muskulatur der Mama. Auch das Tragen kann man gezielt machen, aber nicht beim Sport. Und da diskutiere ich auch nicht drüber! (Fräulein Rottenmeier hat gesprochen!)
Hier nun die Ideen zur Beckenbodengymnastik
- Treppe steigen (Stepper Effekt)
- Treppe seitlich steigen
- langsam bergauf gehen in der Natur, so dass man es schön im Po und in den Beinen merkt
- vom Stuhl aufstehen und wieder setzen. So viel man schafft. Auf die Haltung achten. Knie hüftbreit auseinander. An den Rand des Stuhl setzen. Kniescheiben zeigen in Richtung Füße. Und los....
Übungen wie
- Squats
- Lunges
Wie tief man runter geht überlasse ich jedem selber. So, dass nix weh tut, bitte! Es sollen ja nicht die Knie drunter leiden.
- Brücke. Nicht die Beine abheben. Das ist für den Anfang noch viel zu schwer und macht viel Druck auf Bauch und Becken. Einfach nur Po hoch und runter und versuchen das Becken parallel zum Boden zu halten ohne zu wackeln. Wer Probleme mit dem Bauch hat und/oder eine Rektusdiastase, sollte bitte keine Beine abheben! Das ist zu schwer zu halten für den Bauch. Und auch ein instabiles Becken kann das meistens nicht. Also am besten einfach erst mal nicht machen.
- sich auf die Zehen stellen und auf der Stelle gehen oder umher gehen
- Fersen aneinander und auf die Zehen stellen. Pinguin bzw. Charlie Chaplin. Auf der Stelle gehen oder umher gehen. Die Fersen sollten aneinander bleiben
- Rad fahren
- Abduktorentraining für den Beckenboden
- Beckenbodentraining, das nicht langweilig ist
VIEL SPASS
Hi, ich bin die Nicole. Ich bin seit 25 Jahren Physiotherapeutin und hab viele Jahre auf der Wochenstation und auf der gynäkologischen Station in der Frauenklinik gearbeitet. Von mir bekommst Du Informationen zum "Thema" aus erster Hand.
Rückbildung vom ersten Tag an, im Rückbildungskurs, in der Praxis mit Patienten und leider auch oft die Spätfolgen von Beckenbodenschwächen (und was es sonst noch alles geben kann) in der operativen Gynäkologie, kenne ich in und auswendig.
Bei mir bist Du richtig, wenn Du reale medizinische Informationen zum Thema Rückbildung und Frauengesundheit suchst. Mehr über mich findest Du hier.
Beckenboden nach der Geburt
Die ganze geballte Wissensladung über den Beckenboden nach der Geburt gibt es in meinem Onlinekurs Rückbildung mit Rektusdiastase.
Wer sich weiter informieren möchte und gezielt Übungen braucht, ist hier genau richtig.
Im sehr ausführlichen Beckenbodenmodul erkläre ich Dir die Zusammenhänge ganz genau.
Du wirst wissen, warum isoliertes Training wenig bringt und warum immer der ganze Körper, Bauch, Rumpf dazu gehört, damit der Beckenboden funktionell arbeiten kann.
Natürlich ersetzt "online" keine Therapie, falls diese nötig sein sollte. Aber Du kannst Dir sehr viel Wissen und Übungen direkt sofort aneignen und gleich zuhause umsetzen.
Ivet (Donnerstag, 31 Januar 2019 09:40)
Hallo Nicole,
erstens vielen Dank für deine extrem hilfreiche Texte und Empfehlungen, ich finde heutzutage findet man online so viel (leider schlechtes) zu Rückbildung. Dazu, wie du auch schreibst, sind oft die Rückbildungskurse, nicht gut geleitet und man macht kurz nach der Geburt Übungen, die zu Rückbildung gar nicht gehören! Ich versuche viel über Beckenboden und RD zu lesen/lernen und bei dir finde ich es wirklich toll, du kennst dich super aus, also vielen Dank! Jetzt wenn ich zu den Kursen gehe kenne ich mich gut aus und weiß was ich zB auslassen soll (wegen leichte DR oder BB).
Leider verstehe ich aber nicht ganz was zu du mit "Maximale Anspannung" und "Anspannung von 30%" meinst. Könntest du es bitte mehr erklären? Mir ist neu, dass ich den BB nicht jeden Tag üben soll, danke für diese Information! Jetzt habe ich sogar Angst, ob ich nicht zu viel übe...? Ich bin 7 Monate nach der Geburt (1 Kind), und mache seit 1 Monat ca 6x die Woche 10 Minuten Übungen für den BB und RD und dazu gehe ich ca 3x die Woche zu den verschiedenen Rückbildungspilates/Rückbildungsyoga/Training im Park mit dem Kinderwagen, damit ich auch andere Mamis kennenlerne und aus dem Haus komme... Oft sind die Kurse aber am aufeinander folgenden Tagen. Im ersten Halbjahr habe ich auch Kurse besucht und ein bisschen zu Hause geübt, aber eher sporadisch.
Ich versuche, neben meinen Übungen/Kursen, auch immer im Alltag meinen Beckenboden anzuspannen, bzw muss ich (?), wenn ich zB die Treppe schneller runtergehe, meine Tochter/Einkaufstasche hebe, die Ubahn schnell erwischen muss... Ist das zu viel? Soll ich es im Alltag nicht so viel machen (ich finde ich muss/kommt mir automatisch vor)? Es wäre sehr hilfreich, wenn du den Unterschied zwischen voll Anspannung/30% erklären könntest!
Du meinst, dass man an den Tagen wo mann keine BB Übungen macht, zB Squats oder Lunges übt. Soll man aber auch nicht während dessen den BB anspannen? Ist das die 30% Anspannung damit gemeint? :)
Vielen Dank und glg, I.
Nicole Frank (Freitag, 01 Februar 2019 13:07)
Liebe Ivet,
freut mich, wenn ich weiterhelfen kann. Zu Deiner Frage. Maximal anspannen ist so viel wie es geht (bis zum Anschlag quasi) und 30% sind dann davon wieder die Hälfte loslassen, aber nicht ganz entspannen. Halt nur so ein bißchen anspannen bzw einziehen. Wenn Du die Treppe runter gehst, hast Du ja nicht 100% alles unten zusammengezwickt. Dann könntest Du wahrscheinlich nicht mehr laufen. Ist völlig ok und auch gut so, dass Du Dir das so angewöhnst bei Belastung vorher anzuspannen. Es geht mir ja nur um das regelmäßige Training der maximalen Anspannungen. Das soll man nicht dauerhaft machen. Das wäre dann wie Fitness Studio und zu viel. So ein bißchen Vorspannung ist absolut in Ordnung. Während den Übungen brauchst Du nicht volle Kanne anspannen, ein bißchen reicht da völlig. Was bei Dir persönlich genau 30% sind, kann ich Dir so nicht sagen. Ich würde es als ein "Mitanspannen aber nicht bis zum Anschlag" bezeichnen. Nicht mal bis zur Hälfte der vollen Anspannung. Kannst ja einfach mal testen wie das so ist mit voll anspannen, die Hälfte davon und davon noch mal die Hälfte bis hin zur ganzen Entspannung. Wobei der Beckenboden IMMER angespannt ist. Das muß so. Nur auf der Toilette läßt man ganz los :) Was Du in den Kursen übst weiß ich nicht. Kommt mir mit 3 Kursen pro Woche generell ein bißchen viel vor. Der Körper, bzw. die Muskeln, brauchen immer einen Tag Pause um zu regenerieren. Hoffe das hilft Dir ein bißchen weiter. Liebe Grüße, Nicole