Rektusdiastase richtig testen - warum Situps nicht reichen

 

 

Du kannst diese Folge wie immer direkt auf meiner Webseite hier hören oder du hörst bei:

Das Leben findet nicht in Situps statt.

Und trotzdem ist genau das oft der einzige Test, den wir bei einer Rektusdiastase durchführen.

 

Diese Folge heute ist die Forstsetzung von Podcastfolge #35: "Die 6 häufigsten Fehler bei der Rektusdiastase Untersuchung".

Heute steige ich direkt dort ein, wo ich in Folge #35 aufgehört habe. Hör dir also am besten zuerst Folge #35 an.

Für das allgemeine Verständnis und wie wir da bei Postpartum Pro mit großem Erfolg an die Rektusdiastasen rangehen, ist das wirklich wichtig.

 

Für alle anderen geht's hier gleich direkt los.

 

Ich erkläre heute auch nicht, was eine Rektusdiastase ist oder wie sie entsteht.  

Über Rektusdiastasen kannst du alles auf meiner Webseite nachlesen.

Alle Übungen, die du brauchst, um das in den Griff zu bekommen oder um die richtigen Übungen für deine Patientinnen in deinem Handwerkskoffer zu haben, findest du in meinem Onlinekurs "Rückbildung mit Rektusdiastase". Egal, ob du Mama bist, Hebamme oder Therapeutin. 

Mit diesen Übungen und dieser Herangehensweise konnten, ohne zu übertreiben, schon Hunderte Frauen ihre Rektusdiastase in den Griff bekommen und tatsächlich auch OPs vermeiden.

 

Du kannst dir auch noch völlig kostenlos meine 60-minütige Mini Rektusdiastasen Fortbildung anschauen.

 

4 Varianten der Rektusdiastase Untersuchung

 

So und jetzt  geht's auch direkt ans Eingemachte. Next Level.

Heute habe ich vier Varianten der Rektusdiastase Untersuchung für dich.

Und ich erkläre dir auch gleich, warum die Varianten so wichtig sind.

Am Schluss habe ich noch häufige und ganz typische  Fragen zur Rektusdiastase, der Untersuchung und der funktionellen Beurteilung der Rektusdiastase gesammelt und beantworte sie dir für deine Praxis. Also bleib dabei bis zum Schluss.

 

 

 

Rektusdiastase Test Situp-Position: Nur ein Standbild

 

Die klassische Rektusdiastase-Untersuchung wird in der Regel in Rückenlage durchgeführt, meistens mit einem leichten Crunch oder Situp. Dabei wird die Breite der Linea Alba gemessen, wie weit die geraden Bauchmuskeln voneinander entfernt sind und ob sich der Spalt, das Gewebe weich oder fest anfühlt.

Aber, das ist erstens nur eine Momentaufnahme.

Und zweitens zeigt sie nur einen winzigen Ausschnitt der Realität.

Denn: Das Leben findet nicht in Situps statt. Und ein Körper besteht aus mehr als nur zwei geraden Bauchmuskeln.

Eine solche isolierte Betrachtung reicht nicht aus, um Stabilität und Funktion der Bauchwand – und des gesamten Körpers – wirklich zu beurteilen.

 

In diesem Artikel erfährst du, warum Testvarianten so wichtig sind, welche konkreten Tests du nutzen kannst, was sie dir über das System, das Körpersystem, deiner Klientin verraten, und wie du als Fachfrau (Physio, Hebamme, Trainerin etc.) gezielter und ganzheitlicher beurteilen kannst, was dein Gegenüber wirklich braucht.

 

 

Ein Test in Rückenlage mit Crunch aktiviert gezielt die Bauchmuskulatur, vor allem den Rectus Abdominis.

Das ist gut, um zu sehen:

  • Wie breit ist die Linea alba? Wobei wir ja inzwischen nicht mehr so wirklich die Breite wissen müssen. Hör dir dazu unbedingt Podcastfolge #35 an. Da erkläre ich ganz genau, warum das nicht wichtig ist.
  • Wie verhält sich das Bindegewebe unter Aktivität? Wie fest ist die Linea Alba? Das ist zum Beispiel viel wichtiger als die Breite.
  • Gibt es Anzeichen für Kompensationen: Z. B. Rippenhebung, Pressen, Druckverteilung, Halsmuskulatur zu sehr aktiviert? Kompensationmechanismen aufzudecken ist essenziell wichtig für die Behandlung. Darauf sollte man immer das Augenmerk legen.

 

Aber ansonsten ist diese Position nicht übertragbar auf das, was im Alltag und in komplexen Muskel- und Faszienketten passiert.

 

Der Körper funktioniert in Ketten, nicht in Einzelteilen.

Wenn wir nur die Rektusdiastase isoliert betrachten, reißen wir sie aus ihrem systemischen Kontext.

Der Körper funktioniert als System.

Der Mensch bewegt sich und arbeitet in funktionellen Ketten.

Eine Rektusdiastase ist keine isolierte Struktur.

 

 

Die Funktionalität der Bauchwand hängt von vielen Faktoren ab:

  • Zwerchfell, Bauchmuskeln und Beckenboden arbeiten zusammen.
  • Das Nervensystem steuert komplexe Bewegungen.
  • Atmung, Haltung und Bewegung beeinflussen den Druckaufbau im Rumpf

 

Wer nur „den Spalt“ testet, verpasst den Kontext. Erst durch Testvarianten erkennst du, wie das System als Ganzes reagiert.

 

 

Der Druckaufbau und die Druckregulation im Rumpf hängt zum Beispiel ab von:

  • Der Koordination zwischen Zwerchfell, Bauchmuskulatur und Beckenboden.
  • Der Ansteuerungsfähigkeit aller Beteiligten in wechselnden Positionen.
  • Der Integration dieser Spannung in Alltagsbewegungen.
  • Auch ein verändertes Atemverhalten, durch zum Beispiel ein hoch stehendes Zwerchfell oder ein Rippenbogen, der zu sehr nach oben geht, können zum einen die Druckverhältnisse im Rumpf beeinflussen und zum anderen natürlich auch die normalen funktionellen statisch-mechanischen Abläufe im Körper behindern.
  • Und auch zu einem großen Teil vom Füllungszustand des Darms. Ein aufgeblähter oder überfüllter Darm verändert oder erhöht den intraabdominellen Druck – und kann damit die Fähigkeit des Körpers beeinflussen, den Beckenboden und die Bauchwand koordiniert zu stabilisieren. 

 

 

Sehen wir den Rumpf als "Ballon" – und dann, was der Darm damit zu tun hat:

 

Stell dir deinen Rumpf wie einen großen, elastischen Ballon vor:

Oben: Das Zwerchfell

Unten: Der Beckenboden

Vorne & seitlich: Die Bauchwand

Hinten: Die tiefen Rückenmuskeln

 

Wenn du atmest, dich bewegst oder etwas hebst, verändert sich der Druck in diesem Ballon – und alle Strukturen müssen zusammenarbeiten, um diesen Druck zu kontrollieren.

 

👉 Jetzt kommt der Darm ins Spiel:

Wenn der Darm voll ist – durch Stuhl, Luft oder Blähungen –, nimmt er mehr Platz im Ballon ein. Dadurch:

  • erhöht sich der Grunddruck im Bauchraum
  • das Zwerchfell hat weniger Bewegungsspielraum nach unten
  • der Beckenboden steht unter höherem Druck
  • die Bauchwand muss mehr halten, obwohl sie vielleicht noch instabil ist

Ergebnis:

Die ganze „Ballon-Koordination“ wird gestört – und das kann zu Bauchwölbungen, Druck nach unten, Druck nach vorne oder auch Beckenbodenbeschwerden führen. Und es kann natürlich auch Rektusdiastasen Probleme beeinflussen. Vor allem bei Frauen nach der Geburt, wo das System noch regeneriert und das Gewebe noch weich ist.

 

 

Wenn du ganzheitlich behandeln willst, dann ist es wirklich entscheidend, auch zu prüfen, wie sich die Körpermitte in anderen Situationen verhält, außer in der Situp Position.

 

Hier kommen sie nun, die praxisnahen Tests, die du integrieren kannst – mit dem Ziel, die Körpermitte in unterschiedlichen Kontexten zu beobachten.

 

 

 

1. Rektusdiastase Test Variante: Straight Leg Raise (SLR)

  

Straight Leg Raise (SLR)

In Rückenlage, Beine gestreckt → ein Bein anheben.

Du sagst deiner Patientin vorher nicht, auf was sie achten soll. Lass sie einfach mal machen. So siehst du ihre tatsächlichen Mechanismen.

 

Was du beobachtest:

  • Wie ist die Bauchwandspannung?
  • Gibt es Kompensation über Rippen oder das Becken?
  • Gibt es vielleicht gar keine Kraft, das Becken gerade zu halten?
  • Schafft es das System, Druck zu halten ohne Bewegung? Wo geht der Druck hin?
  • Wie wird die Bewegung ausgeführt?

Dann soll sie den SLR mit der Grundspannung machen. Sprich mit Anspannung der tiefen Bauchmuskeln.

Beobachte dann genau wie oben was passiert.

 

Hier zeigt sich oft eine Schwäche in der tiefen Stabilisation – auch bei "festem" Bindegewebe.

Deshalb kann auch bei einer "guten" Rektusdiastase die funktionelle Kraft völlig fehlen und man sieht deutlich, wo die Schwächen sind. Also immer aufgepasst: Geschlossene Rektusdiastase heißt nicht gleich gute Stabilisation.

Dies mache ich nur als Test, niemals als Übung nach der Geburt und in der Rückbildung.

Der Hebel ist zu lang, ein Bein viel zu schwer, um es so in die Luft zu halten. Der Druck, der dadurch im Bauchraum und auf dem Beckenboden entsteht, ist zu groß für den Anfang.

Ich sehe bei den meisten Frauen auch, dass sie sich die Kraft aus dem Rücken heraus hebeln und das kann auf Dauer zu noch mehr Beschwerden führen. Wir wollen nicht die Wirbelsäule (auch hier mit weichen Bändern und Gelenken nach der Geburt) ungeschützt zu stark belasten.

 

 

 


2. Rektusdiastase Test Variante: Vierfüßlerstand

  

Der Vierfüßlerstand.

Auch wieder wie eben. Zuerst lässt du deine Patientin alleine machen und beobachtest. Dann soll sie mit der Grundspannung anspannen.

 

Was du beobachtest:

  • Gibt es eine Bauchwandsenkung? Hängt der ganze Bauch einfach ungeschützt nach unten?
  • Was passiert beim Anspannen? Beim Anspannen der tiefen Bauchmuskulatur? Wie reagiert der Rumpf auf Bewegung mit Hebeln: Arm abheben, Bein abheben, diagonal Arm und Bein abheben (Bird Dog) oder auch nur auf einfaches Gewichtverlagern.
  • Ist die Spannung symmetrisch?
  • Welche Kompensationsmechanismen siehst du?
  • Lege ein Handy unter den Bauch, mach ein Video davon und du wirst staunen.

 

Diese Position testet die Fähigkeit, gegen die Schwerkraft zu arbeiten.

Kompensationsmechanismen werden sehr schnell ganz offensichtlich und auch die Rektusdiastase kommt oft deutlicher zum Vorschein als in Rückenlage.

Wir sehen super schnell, was nicht klappt und wo der Hase lang läuft.

Wir sehen auch ganz schnell, welche Kompensationen wir direkt behandeln sollten.

Was zum Beispiel in den meisten Fällen, eigentlich fast immer, im Argen liegt, sind überstrapazierte, hyperaktive schräge Bauchmuskeln (Obliquui). Die können wir ganz fantastisch mit einem Release bearbeiten, so dass die restlichen Bauchmuskeln besser ihre Arbeit machen können.

Release Techniken haben wir zur Genüge in unserer Postpartum Pro Fortbildung.

Übungen ohne Vierfüßlerstand und das Vorgehen bis hin zum Vierfüßlerstand, also die Progression der Übungsabfolge, findest du massenhaft in meinem Onlinekurs "Rückbildung mit Rektusdiastase".

 

 


3. Rektusdiastase Test Variante: Alltag

 

Alltagsbewegungen: Heben, Tragen, Husten.

Das Baby, der Staubsauger, die Waschmaschine, der Maxi-Cosi … die Realität ist unnachgiebig.

 

Schau, wie deine Patientin Alltagsbewegungen und Belastungen macht, ohne dass du ihr vorher gesagt hast, auf was sie achten soll.

Danach mit Grundspannung die du ihr vorher erklärst.

 

Du wirst sehen, was sie automatisch macht und auch wie gut sie die Spannung dann aufbauen, umsetzen und halten kann. Und auch wie lange und wie belastbar das Gewebe ist.

Gewebe, das noch zu weich ist, trainiert man nicht, indem man noch mehr des Ungünstigen macht.

Lass deine Klientin eine für sie typische Alltagsbewegung ausführen wie zum Beispiel:

  • Baby aufheben vom Boden
  • Tasche über die Schulter heben
  • Taschen tragen
  • Maxicosi mit Baby tragen
  • Kind auf der Hüfte tragen. Dabei noch etwas tun.
  • Waschkorb tragen (gib ihr etwas Schwereres zum aufheben)
  • Lass sie husten und beobachte den Bauch. Auch hier wirst du in vielen Fällen verwundert sein, wie wenig stabil der Bauch oft ist.

 

Was du beobachtest:

  • Verändert sich die Körpermitte? Wenn ja, wie?
  • Wird sie „weich“, zieht sich nach innen oder wölbt sich nach außen?
  • Kommen Schmerzen, Druckgefühle, Instabilität?
  • Gibt es Druck nach unten oder nach vorne?

 

Dies zeigt dir, ob das System deiner Patientin im Alltag funktioniert - da wo es am meisten zählt.

 

Mach deiner Patientin ein Video davon (mit ihrem eigenen Handy, dann hat sie es gleich), damit sie selbst sehen kann, was passiert.

Diese Tests sind Gold wert für die Therapieplanung. Hier offenbaren sich oft Dinge, die im Liegen völlig unauffällig sind.

Diese Tests kannst du aber nicht allzu oft machen. Du willst ja keine Beckenbodeninsuffizienz oder Inkontinenz provozieren nach der Geburt. Ich sage das extra so deutlich, weil es viele Therapeutinnen und Trainerinnen gibt, die genau so mit den Frauen trainieren.

Im weichen Gewebe nach der Geburt und in der Rückbildung halte ich das absolut für kontraindiziert und fast fahrlässig. Im ersten Jahr nach der Geburt würde ich da sehr aufpassen. Hör dir dazu auch gerne meine Podcastfolge #15 an, "Wann ist die Rückbildung abgeschlossen?".

 

 

 

Und nur kurz noch ein Wort zu "nicht schwer heben". Der Einwand, der meistens kommt ist: "Geht nicht anders", "Was soll ich denn sonst machen?", "Wir ziehen nun mal jetzt um", "Wir bauen halt jetzt gerade das Haus", "Der Maxi Cosi ist halt nun mal so schwer".

Nur, weil ein Maxi Cosi so schwer ist, heißt das nicht, dass es nicht schädlich sein kann. Nur, weil der Maxi Cosi zum Tragen von Babys gemacht ist, heißt das nicht, dass er für die Mütter gut ist.

Wenn auch dein Kind 8 Kilo wiegt und mit der Zeit deutlich schwerer wird, dann macht das was. So ein Gerät ist einfach nicht perfekt auf Mütter und ihre Physiologie nach der Geburt abgestimmt. Da muss es andere Lösungen geben, die man sich suchen muss.

Deiner Gebärmutter, deiner Blase und deinem Beckenboden und allen anderen Gelenken und Bänder in deinem Körper, ist es ziemlich egal, ob du Wasserkästen und schwere Einkaufstüten schleppst oder ob du Umzugskartons vom fünften Stock runter trägst (am besten noch mit dem Baby in der Trage auf dem Rücken). Wenn sie nicht mehr können, geben sie einfach nach. Egal, ob du das willst oder nicht.

Dann musst du dich kümmern. Und so eine gesenkte Blase oder eine Inkontinenz ist nicht lustig.

Deshalb lieber ein bißchen vorsorgen, bevor es in die Hose geht. Wie bei einer meiner älteren Patientinnen, die mit 80 bei uns in der Gyn lag, weil ihre Blase immer in die Unterhose gerutscht ist.

Und das hat ja nicht mit 80 erst angefangen. Das hatte sie ja schon seit vielen Jahren, weil sie viel zu schwer gearbeitet hatte. Aber damals hat das niemand gekümmert.

Heute sind wir sehr viel weiter, wobei manchmal denke ich, auch nicht viel, wenn ich höre mit welcher Brachialgewalt in der Rückbildung trainiert und mit den Frauen umgegangen wird.

 

Wir wollen auf gar keinen Fall, dass irgend ein Organ unseren Körper verlässt.

 

4. Rektusdiastase Test Variante: Übungen und Sport

 

Übungen und sportliche Belastung.

 

Ich sage meinen Frauen, wenn sie gerne wieder ihren Sport machen wollen und wenn ich nicht live dabei sein kann, dass sie mir davon ein bauchfrei Video schicken sollen.

Das geht sicher nicht bei allen Sportarten, zum Beispiel Joggen und Co., und meistens auch nicht so gut, wenn man es alleine filmen will.

Aber bei Sachen, wie zum Beispiel Klettern, Bouldern, Hula Hoop, Fitness, Gewichte, Spinning, Cross Trainer, Zumba usw. kann man da ganz prima ein Video vom Bauch und dem Rest des Körpers machen.

Das sind aber alles Sportarten, die ich im ersten Jahr nicht machen würde, wegen den weichen Bändern und Gelenken, aber irgendwann will man das ja auch mal wieder machen. Dazu gibt es auch zwei Podcastfolgen. Nämlich #16 und #17, "Welchen Sport kann ich nach der Geburt machen und woher weiß ich, dass mein Körper bereit dazu ist?".

 

Wenn eine Patientin unsicher ist, ob die eine oder andere Übung gut für sie ist, dann schaue ich mir das entweder direkt an oder lasse mir eben im Coaching ein Video schicken, damit ich das Ganze in Aktion sehen kann.

 

Auch hier wieder: Schau, wie deine Patientin ihre Übungen oder ihren Lieblingssport macht, ohne dass du ihr vorher sagst, auf was sie achten soll. Du siehst, was sie automatisch macht und wo sie kompensiert.

Danach soll sie das mit der Grundspannung, die du ihr vorher erklärst, machen. Dann kannst du erkennen, ob sie aus der Kompensation rauskommt und ob sie das auf Dauer auch so halten und machen kann oder ob es dafür vielleicht noch zu früh ist und sie mehr Vorbereitung braucht, die du dann mit ihr erarbeiten kannst.

 

Was du beobachtest:

  • Kann Spannung aufgebaut & gehalten werden?
  • Wölbt sich die Bauchwand?
  • Gibt es Druck nach unten oder nach vorne?
  • Spannt woanders Muskulatur zu viel an, wird irgendwo überkompensiert?
  • Gibt es Ausweichbewegungen, Atemblockaden, Luft anhalten, zu viel Druckaufbau, Beckenbodendruck oder Pressen?
  • Gibt es Instabilitäten? Das kann durchaus auch ein Knie, ein Sprunggelenk oder die Wirbelsäule sein. Der Fokus sollte nicht ausschließlich auf dem Bauch und der Rektusdiastase liegen. Auch für Sport brauchen wir mehr als zwei gerade Bauchmuskeln.

 

Der Alltag, Sport, Übungen und das Leben sind dynamisch.

Der Körper passt sich rund um die Uhr 24/7, 365 Tage im Jahr permanent an und macht permanent Druckverschiebung und -ausgleich (falls möglich) im Bauchraum.

 

 ➡️ In der Belastung zeigt sich, ob das System wirklich stabil ist – oder ob es nur unter Schonbedingungen funktioniert.

 

Sportliche Frauen hören es nicht besonders gerne, wenn man ihnen sagt, dass ihr Körper noch nicht bereit ist. Einfach über die eigenen Grenzen hinweg zu gehen, ist bei uns in der Gesellschaft gang und gäbe und viele lassen sich da auch nicht rein reden oder vom Gegenteil überzeugen.

Ich weiß, dass das viele meiner Kolleginnen (und mich natürlich auch) ganz oft total verrückt macht.

Man redet gegen Wände.

Aber am Ende des Tages, muss jeder die Verantwortung für seinen Körper selbst übernehmen.

Ich denke inzwischen, ich hab's gesagt, ich hab alles getan, mehr kann ich nicht mehr sagen oder tun.

Ich bin ja schließlich nicht verantwortlich für diese Person und sie ist ja auch erwachsen.

Ich würde trotzdem immer auf jeden Fall ansprechen, warum das jetzt ausgerechnet jetzt (schon) sein muss und warum die schonenden Alternativen gerade keine Option sind. 

Und manchmal ist man verwundert, was der tatsächliche innere Antreiber eigentlich ist und will.

Wie bei einer meiner Patientinnen, die nach drei Monaten ins Fitness Studio gerannt ist und vehement Gewichte gestemmt hat, weil "die Konkurrenz schläft nicht".

Sie hatte Angst, dass ihr Mann sie verlässt, wenn sie nicht top in shape, schlank und wie vorher ist.

Und das ist mir so oft begegnet.

Ohne Witz. Es ist eigentlich wirklich tragisch, wie weit die Angst verbreitet ist, dass man verlassen wird, wenn man nicht gut genug aussieht.

 

 

 

Fazit: Weg von „Wie breit ist der Spalt?“ – hin zu „Was kann das System?“

 

Der klassische Rektusdiastase Test ist sehr eindimensional und auch sehr beschränkt in seiner Aussagekraft.

Viele Frauen sind schon mega beeindruckt, wenn jemand überhaupt die Lücke testet und etwas misst und vielleicht noch aufschreibt.

Wie ich in Podcastfolge #35 schon gesagt habe und auch immer wieder betone, ist die Breite nicht wirklich wichtig und auch nicht wirklich aussagekräftig über irgend etwas.

 

➡️ Die klassische Rektusdiastase-Untersuchung ist ein Standard – aber sie reicht längst nicht aus, um Stabilität im Körper zu beurteilen.

➡️ Varianten wie der Straight Leg Raise, der Vierfüßlerstand, Alltagssimulationen oder Belastungssituationen zeigen dir, wie das System wirklich arbeitet.

➡️ So kannst du Therapie & Training gezielt auf das abstimmen, was deine Klientin wirklich braucht.

 

 

Funktionelle Tests dienen auch nicht dazu, zu sagen „gut“ oder „schlecht“.

Sondern:

Was passiert im System?

Wo braucht es Support?

Beobachten statt bewerten! 

→ Eine Rektusdiastase kann funktionell integriert und stabil sein – auch wenn sie noch tastbar ist.

→ Umgekehrt kann eine scheinbar „geschlossene“ Diastase dysfunktional sein, wenn Spannung schlecht weitergeleitet wird.

 

Es geht nicht um das perfekte Raster oder den „einen“ Test.

Sondern darum, den Körper in seiner Komplexität zu lesen.

 

Ein und dieselbe Rektusdiastase kann je nach Bewegung, manchmal auch je nach Tageszeit oder Füllungszustand des Darms:

  • stabil oder instabil wirken
  • funktionell oder kompensatorisch genutzt werden
  • völlig unproblematisch oder hochgradig einschränkend sein

 

Erst die Vielfalt der Tests gibt dir ein realistisches Bild.

Eine Rektusdiastase ist nicht nur ein lokales Problem, sondern Teil eines vernetzten Systems.

Wenn du Klientinnen wirklich helfen willst, brauchst du mehr als den klassischen Test. 

 

→ Teste in Varianten. Beobachte Muster. Hinterfrage Automatismen.

So kannst du fundiert entscheiden, ob, wie und was trainiert oder therapiert werden sollte.

 

 

In meiner Arbeit – und besonders in unserer Fortbildung "Postpartum Pro" – geht es genau darum:

Das große Ganze zu sehen. Den Körper nicht isoliert zu betrachten, sondern funktionell, vernetzt und alltagsnah.

Wir möchten in dieser Fortbildung fundiertes Wissen, funktionelle Untersuchungsmethoden und ein sicheres Verständnis dafür, wie du Frauen nach der Geburt (und auch viel später noch) individuell und nachhaltig begleiten kannst, vermitteln.

 

Denn was zählt, ist nicht nur der Spalt – sondern das, was das System damit macht.

Wenn du nicht nur messen, sondern verstehen willst, schau mal vorbei. Wir öffnen am 10. Mai 2025 wieder die Tore. Trag dich jetzt gerne schon auf die Warteliste ein.

  

Häufige Fragen zur Rektusdiastase-Untersuchung

 

1. Was ist die beste Methode, eine Rektusdiastase zu testen?

Es gibt nicht die eine Methode – aber eine Kombination aus Tests liefert die besten Erkenntnisse:

Die klassische Untersuchung in Rückenlage ist ein guter Einstieg, aber dennoch nur eine Momentaufnahme und ein winziger Ausschnitt aus dem Körper-Kontext gerissen. Funktionelle Testvarianten (s.u.) geben ein vollständigeres Bild.

 

 

2. Warum reicht der klassische Rektusdiastase-Test in Rückenlage nicht aus?
Weil er nur einen sehr begrenzten Teil der Wahrheit zeigt:

  • Der Test findet in Rückenlage statt – ohne Alltagsbelastung, ohne Schwerkraft

  • Er misst nur statisch, nicht unter Bewegung oder Belastung

  • Er zeigt den Spalt, aber nicht das System – also z. B. Kompensation, Atemmuster, Stabilität

→ Deshalb: Der klassische Test ist ein Einstieg – aber kein vollständiges Bild.

Er zeigt nur eine Momentaufnahme in Rückenlage – sagt aber nichts über Stabilität in Bewegung oder unter Alltagsbelastung aus.

 

 

3. Welche Tests sind bei Rektusdiastase sinnvoll?

  • Rückenlage mit Situp zur ersten Orientierung (Spalt + Widerstand)

  • Funktionelle Tests wie Straight Leg Raise oder Vierfüßlerstand, um Druckmanagement, Stabilität und Kompensationen zu beurteilen

  • Beobachtung im Alltag: Heben, Tragen, Aufstehen – das ist die Realität

  • Belastungstests unter Bewegung zeigen, ob das System wirklich stabil arbeitet

→ Wichtig ist: Nicht nur schauen, wie breit der Spalt ist, sondern was der Körper damit macht.

Der Körper braucht funktionelle Stabilität – und die kannst du nur durch Tests unter realitätsnahen Bedingungen erkennen.

 

 

4. Warum macht es keinen Sinn, eine Rektusdiastase nur „in Ruhe“ zu testen?
In Rückenlage, entspannt und ohne Belastung, wirkt eine Rektusdiastase oft harmlos oder aber auch noch sehr viel "schlimmer", weil keine Spannung da ist.

 

"In Ruhe" ist:

  • ✔️ Kaum Druck im System: Im Alltag herrscht deutlich mehr intraabdomineller Druck – z. B. beim Heben oder Tragen. Allein im Stehen schon.

  • ✔️ Muskelketten bleiben inaktiv: In Ruhe arbeitet das System nicht in funktionellen Ketten – das passiert erst in Bewegung.

  • ✔️ Keine Aussage über Alltag: Stabilität unter Belastung ist das Entscheidende – nicht, wie der Bauch im Liegen aussieht.

Sobald der Alltag "zuschlägt" – Heben, Tragen, Aufstehen, Sport – zeigt sich, ob das System mitmacht oder kompensiert.

So kommen auch Kompensationsmuster und -mechanismen zum Vorschein, die wir unbedingt sehen und behandeln müssen, damit eine Rektusdiastase besser werden kann.

 

→ Deshalb: Immer auch in aufrechter Haltung, mit Bewegung und unter Schwerkraft testen – da zeigt sich, was das System wirklich kann. 

 


Hi, ich bin die Nicole. Ich bin seit über 25 Jahren Physiotherapeutin und habe viele Jahre auf der Wochenstation und auf der gynäkologischen Station in der Frauenklinik gearbeitet. Von mir bekommst Du Informationen zum "Thema" aus erster Hand. 

Rückbildung vom ersten Tag an, im Rückbildungskurs, in der Praxis mit Patienten und leider auch oft die Spätfolgen von Beckenbodenschwächen (und was es sonst noch alles geben kann)  in der operativen Gynäkologie, kenne ich in und auswendig. 

Bei mir bist Du richtig, wenn Du reale medizinische Informationen zum Thema

Rückbildung und Frauengesundheit suchst. Mehr über mich findest Du hier.

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Kommentare: 1
  • #1

    Natalie (Freitag, 18 April 2025 07:42)

    Großartiger ausführlicher Beitrag! Danke! Tolle und sehr wertvolle Arbeit!