Ich fasse ein paar Post von Instagram von letzter Woche mal kurz als Blog Artikel zusammen, weil die Fragen immer wieder kommen und ich es auch echt wichtig finde, das zu klären.
Ich habe noch ein paar Fakten ergänzt und hoffe, ich beantworte euch damit ein paar euer Fragen.
Die Diskussion ist ja inzwischen wieder sehr groß und der Trend scheint irgendwie "rückwärts" zu gehen. Also dahin, dass man alle Übungen in der Rückbildung machen kann.
"Rektusdiastase Experten" machen sich sogar lustig darüber, wenn mann keine Situps macht.
Kann ich nicht nachvollziehen. Und ich weiß, ich bin da weiß Gott nicht die einzige, die die Hände über dem Kopf zusammenschlägt.
Ich verstehe oft den Ansatz dieser "Experten" nicht. Da sind so viele Sachen total verkopft und intellektualisiert, dass das mit dem echten Mama-Bauch und Körper nicht mehr viel zu tun hat.
Da sehe ich den Zusammenhang zu den echten Rückbildungs-Frauen nicht mehr.
Da kann man sich noch so viel in Anatomie, Physiologie und Funktionsketten wälzen, es muss doch auch für die echte Mama anwendbar und verständlich sein.
LÜCKE ZU ODER NICHT ZU?
Wir wissen, dass die geraden Bauchmuskeln eine Lücke verkleinern können. Auch durch Übungen wie zum Beispiel Situps.
Wir wissen auch, das die tiefe Bauchmuskulatur, wenn sie angespannt ist, eine Lücke breiter machen kann.
Ich werde immer noch ganz oft gefragt, was man denn tun müsse, um die Lücke zu schließen.
Das Problem ist halt, dass eine Lücke, die zu ist, nicht unbedingt irgend etwas stabiler macht, nur weil sie zu ist.
Ganz oft kann man nämlich die geschlossene Lücke mit den Therapeutenfingern auch wieder auseinander schieben, wenn das nicht stabil genug ist.
Was wir brauchen ist Spannung in der Mitte, so dass man nicht mit den Fingern "rein kommt" und so dass sich zwischen den geraden Bauchmuskeln nichts heraus wölbt und auch nichts einzieht.
All das sind Zeichen einer noch instabilen Mitte. Egal bei welchen Übungen übrigens.
Wenn sich das bei einer Übung so zeigt, ist die Übung höchstwahrscheinlich noch zu schwer. Es sei denn, man kann das bewußt so kontrollieren, dass diese Zeichen nicht auftreten. Weder Ein Hubbel, der raus kommt, noch ein Krater, der sich einzieht. Am Ende alles eine Frage der aktiven und bewußten Kontrolle.
Mehr Spannung in der Mitte erreichen wir eher mit Anspannung des Transversus Abdominis als mit den geraden Bauchmuskeln.
Am Ende müssen natürlich alle Bauchmuskeln zusammen arbeiten und so müssen wir das auch trainieren. Es ist immer ein Gesamttraining und nicht nur ein Bauchmuskeltraining.
Rückbildung wird ja oft nur als Bauchmuskeltraining dahin gestellt.
Isoliertes Muskeltraining funktioniert eh nicht, weil der Körper so nicht arbeitet. Es macht immer alles andere auch mit. Ich kann also eh nicht sagen, ich trainiere jetzt ausschließlich die tiefen, die schrägen oder die geraden Bauchmuskeln.
Man kann aber durchaus einen Fokus darauf legen, wie zum Beispiel auf die Aktivierung der tiefen Bauchmuskeln (Transversus Abdominis). Und auch da macht der Transversus die Arbeit nicht ganz alleine. Die umliegende Muskulatur macht immer mit. Hier macht es auf jeden Fall Sinn, den Fokus darauf zu legen, weil die Stabilität zuerst in der Tiefe stimmen muss, bevor wir die oberflächlichen Muskeln trainieren.
Wenn ich in diesem Sinne nun aber zum Beispiel seitliche Planks mit angestellten Beinen mache, was ja sehr sehr oft gemacht wird, weil es angeblich schonender ist und dabei angeblich die schrägen und nicht die geraden Bauchmuskeln trainiert werden, dann liegt zwar der Fokus auf den seitlichen Muskeln, aber trotzdem macht auch hier alles andere mit. Und eine instabile Mitte kann trotzdem auch hier durch zu viel Druck dekompensieren (diese "Experten" machen sich auch gerne mal darüber lustig, dass man mit falschen Übungen den Bauch nicht "sprengen" kann. Und ich sage euch, das geht ohne Probleme. Zu viele Situps mit weichem Bauch und der kann ganz schön "gesprengt" werden).
Was bei solchen Übungen auch noch passieren kann, wenn ich, nur als Beispiel, zu viel Fokus auf die schrägen Bauchmuskeln lege, dass diese am Ende viel zu viel machen, während die Tiefe immer noch nichts macht. Das macht dann das Ganze auch nicht stabiler, macht nur noch mehr Kompensationsmechanismen und Muskelverspannungen.
Also isoliert Muskelgruppen trainieren zu wollen in der Rückbildung macht keinen Sinn. Siehe auch die Grafik unten im Vergleich Rückbildung und Fitness Training.
Was man nicht ansteuern kann, kann man auch nicht "aufpumpen". Zuerst muss die Stabilität kommen, bevor die "Form" der Muskulatur kommen kann.
Die Breite einer Lücke ist nicht Maßstab aller Dinge.
Die Studie von Diane Lee und Paul Hodges, die meinen Grafiken zu Grunde liegt, findest Du hier.
Was noch passieren kann, wenn Situps, Planks, Russian Twists, Crunches, Criss Cross, Leg Lifts und wie sie sonst noch alle heißen, auf eine weiche, instabile Bauchwand treffen (oder im Zweifel auch auf einen instabilen Beckenboden):
Wenn die Kraftübertragung noch nicht klappt oder das Gewebe und die Muskulatur noch zu weich sind, dann kann bei all diesen Übungen, die großen Druck aufbauen, genau das Gegenteil vom Ziel passieren.
- Kann sein, dass die Lücke kleiner wird, dass sich aber trotzdem etwas vorwölbt oder einzieht.
- Kann sein, dass die Lücke kleiner wird, sich aber die geraden Bauchmuskeln als Gesamtes vorwölben.
- Kann sein, dass die Lücke breiter wird.
- Kann sein, dass die Lücke breiter wird UND sich die geraden Bauchmuskeln als Gesamtes vorwölben.
- Und es kann sein, dass die Lücke breiter wird UND sich die geraden Bauchmuskeln als Gesamtes vorwölben UND dass sich bei allem jeweils entweder ein Hubbel vorwölbt oder sich die Mitte einzieht.
Als "Doming" bezeichnet man das Herausstülpen der Mitte oder den Hubbel in der
Mitte.
Als "Sinking" wird das Einziehen der Mitte bezeichnet oder der Krater, in den
man in der Mitte fällt.
"Bulging" ist, wenn sich der ganze Bauch heraus wölbt und mit nach vorne geht.
Nicht bei jedem verkleinert die Aktivierung der geraden Bauchmuskeln die Lücke.
Bei sehr vielen Frauen wird gerade in den Anfangsstadien die Lücke noch breiter. Die meisten Lücken sind am Anfang einfach noch nicht so stabil, dass sie den Druck abfangen können.
Und es liegt ja nicht nur ausschließlich an "der Lücke". Das sind die geraden Bauchmuskeln, die noch sehr weich, dünner und auch etwas länger sind. Gepaart mit einer Tiefenmuskulatur, die auch noch nicht wirklich angesteuert werden kann in den meisten Fällen. Da funktioniert vieles eben einfach noch nicht so gut.
Es ist ein echter Trugschluss, dass man mit Situps als Maßnahme eine instabile Lücke schließen kann und soll. Wenn solche Fazits dann in einschlägigen Studien gezogen werden, dann hat die Studie, meiner Meinung nach, leider das Thema verfehlt, weil der Rest völlig außer Acht gelassen wird.
Klar können die geraden Bauchmuskeln eine Lücke schließen. Das kann bei den getesteten 27 Frauen durchaus der Fall gewesen sein. Aber waren die dann auch stabil und ist so eine kleine Anzahl an Frauen repräsentativ? Man fragt sich. Die Geschichte mit dem Beckenboden in dieser Studie lasse ich jetzt mal aus... anderes Thema.
Es ist auf jeden Fall ein Fortschritt, wenn in der Mitte einfach "nur" mehr Spannung ist oder wenn man schwierigere Übungen besser umsetzen kann, ohne dass sich etwas vorwölbt oder einzieht, auch wenn die Lücke nicht kleiner geworden ist.
Wenn man spürt, dass man mit den Fingern nicht mehr so weit "rein kommt". Dann ist das ein Fortschritt.
Wenn ich eine Übung länger oder öfter machen kann, ohne zu "dekompensieren", dann ist das ein Fortschritt. Also nicht verzagen.
Ich kann euch fast versprechen, obwohl ich das ungern tue (weil "Ergebnisse" immer relativ, subjektiv und von vielen Faktoren abhängig sind), wenn jemand eine Zeit lang die richtigen Übungen macht und die falschen Übungen weg läßt, wird der Bauch höchstwahrscheinlich besser werden.
Manchmal kann das DANN nämlich relativ schnell gehen, meiner Erfahrung nach.
Siehe zum Beispiel den Artikel über Susi. Oder auch Miriam, die nicht aufgegeben hat und ihren Bauch nach 3-4 Jahren endlich im Griff hat ohne OP.
Man kann die geraden Bauchmuskeln auch so aktivieren, dass KEIN Pressdruck entsteht. Und das ist das Ziel. Denn wir brauchen auch die geraden Bauchmuskeln zum Leben. Genauso wie die schrägen und die tiefen.
Es gibt so so viele Übungen für die gesamten Bauchmuskeln und die gesamte Körperstabilität, die nichts mit o.g. Übungen zu tun haben und die trotzdem effektiv sind.
Und nochmal: Wir brauchen ja nicht nur den Bauch, um stabil zu sein.
Ich hatte ein Zuschrift nach den Posts: "Ich trainiere im Moment die schrägen Bauchmuskeln mit seitlichen Planks, bis die Lücke zu ist, weil man ja die geraden nicht trainieren soll".
Macht als Training keinen Sinn, ist aber, glaube ich, genau so als Gedanke weit verbreitet.
Übungen, die wir also erst mal nicht machen nach der Geburt
Wenn man das später wieder in sein Programm aufnehmen möchte, dann muss der Bauch vorher stabil sein und der Beckenboden auch!
Das sind keine Übungen, die im schwachen Zustand Stabilität bringen. Das sind Übungen, für die man vorher schon Stabilität und Kraft braucht.
Das muss man anbahnen und da muss man vorsichtig und bedacht in der Progression der Übungen sein.
Was man nicht ansteuern kann, das kann man auch nicht auftrainieren
Falls ihr Hilfe und persönliche Betreuung braucht:
Therapeutenlisten:
Beckenboden- und Bauch/Rektusdiastasen Checkup:
- Sabine Meissner in Frankfurt a. M.
- Gloria Bonauer in Burghausen
- Sabrina Nieland in Hamburg
Ich biete mein Coaching Programm auch wieder an, wer da online ein bißchen Hilfe haben möchte.
Hi, ich bin die Nicole. Ich bin seit 25 Jahren Physiotherapeutin und habe viele Jahre auf der Wochenstation und auf der gynäkologischen Station in der Frauenklinik gearbeitet. Von mir bekommst Du Informationen zum "Thema" aus erster Hand.
Rückbildung vom ersten Tag an, im Rückbildungskurs, in der Praxis mit Patienten und leider auch oft die Spätfolgen von Beckenbodenschwächen (und was es sonst noch alles geben kann) in der operativen Gynäkologie, kenne ich in und auswendig.
Bei mir bist Du richtig, wenn Du reale medizinische Informationen zum Thema Rückbildung und Frauengesundheit suchst. Mehr über mich findest Du hier.
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